Der letzte Arbeitstag vor meinem Urlaub, also raus aus dem Büro und noch schnell ein paar Seillängen klettern, am besten etwas Einfacheres, damit es nicht zu spät wird. Kurzer Anruf bei Markus, der sofort motiviert war, die Mezzo Rosso (V) am Salzburger Hochthron anzugehen. Das war der Plan, die Umsetzung ein völliger Fehlschlag:
Zuerst mussten wir uns noch Halbseile besorgen, also schnell mal shoppen im Bergsportladen meines Vertrauens. Dann mit der Untersbergbahn rauf zur Bergstation und weiter zur Abseilpiste. Von nun an ging so ziemlich alles schief. Das Abseilen mit brandneuen Seilen war eine Katastrophe (Stichwort ‚Kringelschwänzchen‘), die gesamte Abseilpiste bis zum Einstieg der Südwandrouten ist beim ersten Mal nicht sonderlich übersichtlich, und so vergingen die Minuten und Stunden (!), bis ich endlich realisierte, dass wir schon viel zuweit abgeseilt hatten. Ergo wieder nach oben klettern und Einsteig suchen… Um ca. 20:00 Uhr war es schon leicht düster und an einen Aufsteig war nicht mehr zu denken. Der Abstieg zur Toni Lenz Hütte sah auch äußerst fragwürdig aus, also blieb nur noch ein Biwak am Einstieg. Hatte ich schon erwähnt, dass wir sinnvollerweise fast alle unsere Utensilien am Einstieg zurückließen? Wir hatten je eine dünne Jacke, einen Schokoriegel, einen Müsliriegel, eine Stirnlampe, einen halbvollen Trinksack und ein Verbandspaket. Naja, wir machten es uns mit der Aludecke aus dem Verbandspaket, Latschenzweigen und dem Schokoriegel so gemütlich als möglich und lachten uns wegen der selbst inszenierten Misere gegenseitig aus. Irgendwie brachten wir auch die überaus kühle Nacht hinter uns und machten uns am nächsten Morgen mit völlig steifen Gliedmaßen an die erste Seillänge der feuchten, teilweise nassen Wand. Von Sonnenschein war auch keine Spur, denn tiefe Nebelschwaden hielten sich hartnäckig über uns. Ich denke, ich bin noch nie so schlecht geklettert, wie an diesem Tag, aber ich gehe davon aus, dass die Umstände dabei eine gewisse Rolle gespielt haben. Nach einem behäbigen Aufstieg erreichten wir schließlich den letzten Stand, packten unseren Krempel zusammen und marschierten zur Seilbahn. Wieder am Parkplatz angekommen, machten wir uns unverzüglich auf den Weg zur Lek um die letzten beiden versäumten Mahlzeiten nachzuholen. Bei gutem Essen und einem Bier sinnierten wir über unsere Dummheiten, freuten uns darüber, dass nichts passiert ist, und nahmen uns vor, es beim nächsten Mal besser zu machen!

  • Alpenvereinskarte BY22 | Berchtesgaden
  • Kompass-Karte 14 | Berchtesgadener Land-Chiemgauer Alpen

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